Blogtour: Vorfreude!
Wenn ihr die Blogparade bis zu mir verfolgt habt, muss ich nichts mehr zur Vorfreude an und für sich schreiben, denn dann seid ihr schon gut informiert. Mein Beitrag beschäftigt sich damit, wie ich Vorfreude zum Spannungsaufbau nutzen kann. Dazu verweise ich auf die Texte meiner Blogtour-Vorgängerinnen und auf einen aus meiner Romantrilogie „Theater der Lust“. .
Vorfreude ist ein gemischtes Gefühl
Ich will hier einen Aspekt betrachten, den Margaux Navara schon erwähnt hat. Mit der Vorfreude schwingen meist noch weitere Emotionen mit – Unsicherheit, Erregung, Freude, Hoffnung, Unruhe oder Hemmungen. Bei Margaux ist es die Angst: „Sie simmert unter der Freude. Sie ist der Bass, der alles unterlegt, der dem Akkord die Fülle gibt.“
Die Mischung aus Angst und Vorfreude erzeugt Spannung und Spannung ist essentiell für das literarische Schreiben. Dabei geht es hier nicht um die Spannung, die durch eine Gefahr oder Bedrohung erzeugt wird, sondern durch die Kombination von Vorfreude mit weiteren Gefühlen plus dem Zeitpunkt der Erfüllung bzw. Befriedigung der Vorfreude.
Spannung lässt die Leserschaft weiter lesen. Es ist eine Emotion des Lesenden
Cate von lessdressstories hat in ihrem Beitrag ebenfalls mit diesem Wechsel aus Vorfreude und Angst gespielt. Die Erzählerin der Geschichte ist voller Vorfreude, malt sich Gesicht des Mannes aus, wenn er die Kiste öffnet und sie entdeckt. Doch wird die Kiste überhaupt an die richtige Adresse geliefert? Hat sie dem Fahrer womöglich eine Falsche genannt? Vorausgesetzt die Adresse ist richtig, wird der Empfänger die Kiste sofort öffnen und wenn ja, wird er allein dabei sein? Und schon hat die Autorin mich gepackt, weil ich neugierig bin, wie es ausgehen wird. Eine andere Leserin bricht denselben Text vielleicht ab, weil sie sich für dieses Setting und diese Problematik nicht interessiert und es bei ihr keine Spannung auslöst.
Eine Vorfreude beinhaltet ein Versprechen
Wird mir als Leserin ein Versprechen gegeben, frage ich mich unwillkürlich, ob das Versprechen auch eingelöst wird. Spannung entsteht durch diese Ungewissheit. Da wir alle Vorfreude aus unserem Leben kennen, wird die lesende Zielgruppe von der Vorfreude der Figuren nicht unberührt bleiben und mit fiebern, ob ihre Erwartungen erfüllt werden.
Die Erwartung darf sich nicht sofort erfüllen
Als Leserin finde ich eine Szene, in der mit meiner Vorfreude gespielt wird, solange spannend, wie der Ausgang ungewiss ist. So lasse ich als Autorin meine Leserschaft lange in der Ungewissheit, wie das Geschehen zu einem erregenden Abschluss finden wird und bereite ihr damit ein langes Lesevergnügen. Damit die Wunscherfüllung nicht zu früh eintritt, gilt es Verzögerungen und Hürden zu überwinden. Es gibt keinen Ort für die Erfüllung der Leidenschaft, das fehlende Verhütungsmittel, ein unaufschiebbarer Termin… Innere Hindernisse könnten sein: Moralische oder religiöse Bedenken, charakterliche Unterschiede, frühere Erfahrungen und vieles mehr. Doch das ist einen eigenen Artikel wert.
Aus Vorfreude wird Enttäuschung
In der Beschreibung der Vorfreude mache ich Vorausdeutungen, stelle Vermutungen an, was eintreffen könnte. Auch damit haben sowohl Margaux als auch Cate in ihren Texten geschickt gespielt.
Und ich arbeite mit dem Fall! Je größer die Vorfreude, desto tiefer ist er. In der Erwartung auf die Erfüllung der Vorfreude funkt die Lebensrealität dazwischen: Protagonistin freut sich, ihren Partner zu überraschen, der bereits im Bett liegt. Sie reißt sich im Flur die Kleider vom Leib und muss schmerzlich erfahren, dass da eine andere Frau neben ihm liegt!
So erhalte ich die Spannung und verraten lange nicht, wie am Ende die Vorfreude der Leserschaft erfüllt wird, endlich eine Sexszene zu lesen, die sie erregt. Denn das ist nun mal das Genre-Versprechen eines Erotik-Romans und dafür werden sie gelesen.
Diese Vorgehen gilt, egal ob ich 15 Sexszenen im Roman habe oder nur eine am Ende der Geschichte.
Fazit: Vorfreude ist eine von vielen Möglichkeiten, um das Zielpublikum zum Umblättern zu bewegen, nutze sie!
Du willst lieber einen literarischen Text lesen als Schreibtipps?
Hier ein Ausschnitt aus MAGIE dem dritten Band von „Theater der Lust“. Es ist der Start in ein gemeinsames erotisches Wochenende. Über die Kapitel „Rollenspiel“ und „Das Liebesmenü“ hinweg variiere ich das Motiv „Vorfreude“, rege an und deute voraus. Das Versprechen auf ein raffiniertes, erregendes Liebesspiel wird erst im Kapitel „Die Liebesschaukel“ für meine drei Protagonisten und damit auch für das Lesepublikum erfüllt.
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»Minimalkonsens: Ab sofort gehst du in deine Rolle als Zofe! Jedes Missgeschick oder das Verlassen der Rolle wird eine Strafe nach sich ziehen. Sind alle bereit?«
Ralf nickt, ich zögere. Es ist ein Experiment, das viel zerstören kann. Was für ein »nein« spricht. Die beiden haben vor, ihre jeweils eigenen Träume umzusetzen. Welche das sind, werde ich noch erfahren. Die Neugier darauf verursacht ein Kribbeln auf meiner Haut und heftiges Herzklopfen. Also nicke auch ich.
Ralf und ich steigen aus. Während Ralf sich reckt und dehnt, öffne ich Gil die Wagentür. Als sie die Spitze ihres Stiefels auf den Boden setzt, zieht sie gebieterisch die Augenbrauen hoch. Unwillkürlich reiche ich ihr die Hand, um ihr beim Aussteigen behilflich zu sein.
»Meinen Hut!« Damit meint sie wohl den Zylinder mit Schleier, der auf der Rückbank liegt.
Ich reiche ihr den Hut, lächle dabei ein wenig gezwungen. Innerlich bin ich bereits mehr als nervös.
»Nimm mein Gepäck, bleibe zwei Schritte hinter uns.«
Ralf händigt mir aus dem Kofferraum Gils und meinen Trolley und eine riesige Hutschachtel aus. Er greift sich einen Lederköcher und seine Umhängetasche. Und bietet Gil den anderen Arm. Gemeinsam schreiten sie auf die Brücke zu. Ich eile ihnen hinterher und überlege, wie ich die beiden passenderweise Anrede. Cool und lässig sollte es klingen. So verpasse ich, wie sie auf der Brücke stehen bleiben. Schon bin ich zu nah.
Gil dreht sich um und grinst genüsslich. »Das war dein erstes Vergehen. Wie schön.«
»Verzeihung, Frau von Gardner.« Das von kam mir spontan in den Sinn.
Ob Gil sich noch an eines unserer ersten Gespräche erinnert? Sie gab mir einen Einblick in die Fetischwelt und erklärte, dass es Brücken gäbe, um leichter dorthin zu gelangen: Rituale, Kostüme, Ausstattungen. Nun gehe ich über eine »echte« Brücke. Glücklich folge ich ihnen über den Schlosshof. Sie sind bereits die breite Treppe hinauf geschritten und unter einem mit Efeu bewachsenen Vorbau verschwunden. Ich bleibe zwischen weißen Eingangssäulen stehen, unschlüssig, was meine nächste Aufgabe sein wird.
»Du kleine nichtsnutzige Zofe,«, zischt Gil. »Lässt uns hier vor dem Portal stehen und wir müssen warten!«
Erschrocken stelle ich das Gepäck ab und öffne einen der Türflügel.
Würdevoll betreten sie die Eingangshalle. Mit dem Stuck an der Decke, den Hirschgeweihen und gemalten Wappen an der einen Wand und der Holzvertäfelung an der anderen, den Antiquitäten und dem antiken Parkett mit Intarsien, fühle ich mich sofort ins 19. Jahrhundert zurückversetzt. Gils elegant geschnittenes Kostüm, unter dem sie eine weiße Bluse trägt, passt perfekt in dieses Ambiente.
»Hallo Gil, hallo Ralf. Herzliches Willkommen, schön, dass ich euch nach so langer Zeit wieder bei uns begrüßen darf«, heißt ein hochgewachsener Mann die beiden fröhlich willkommen. »Wen habt ihr mitgebracht?«
»Lieber Joachim, darf ich vorstellen? Das ist Viktoria, unsere Zofe.« Gil lächelt reizend. »Beachte sie einfach nicht.«
»Ich verstehe.« Der Hotelier reicht Ralf einen verschnörkelten Schlüssel über die Theke. »Ich habe schon gegrübelt, für wen wohl das Zustellbett sein könnte.«
Mein Gesicht beginnt zu glühen.
»Benötigt ihr Hilfe mit dem Gepäck?«
»Nein, danke«, antwortet Ralf.
Den langen Weg bis zur zweiten Etage und den Gang entlang bis zur letzten Tür fühle ich mich, als ginge ich auf Glatteis, statt auf dem roten Teppichläufer.
Als ich ins Zimmer trete, nehme ich einen feinen Jasmin-Duft wahr. Ein Teil des Zimmers ist mit Barockmöbel eingerichtet. In der Mitte steht ein Himmelbett. Das zusätzliche Bett steht quer am Fußende. Darauf drapiert eine braune Wolldecke mit dem eingewebten Hauswappen. Das Zimmer verfügt über einen Turmerker, daher also der Name. Dort hängt ein schwarzes Gebilde von der Decke.
Gil beachtet mich nicht. Sie schaut aus dem Fenster, von dem sie einen wunderbaren Blick auf den Wald hat.
»Was soll ich tun?«, frage ich nach einer Weile.
»Pack die Koffer aus, hänge alles in den Schrank. Deine Sachen kannst du in die Truhe legen. Ich werde es später kontrollieren.«
»Lass uns auf ein schönes erotisches Wochenende anstoßen«, sagt Ralf, der eine Flasche Champagner geöffnet hat.
Doch er hat nur zwei Gläser gefüllt.
»Sollte es nicht auch ein Wochenende für mich werden?«, frage ich zögerlich.
Ralf sieht mich liebevoll an. »Schon, warte ab.«
Hier die Links zu den Beiträgen der Beteiligten an der Blogparade „Vorfreude“
26.01.2023: Margaux Navara erschienen! Ein sehr persönlicher, sinnlich und dicht geschriebener Beitrag über das Warten auf den ersten Schlag. Sie vergleicht diesen mit einer „Bärenattacke“
28.01.2023: Annabel Rose erschienen! Es ist eine interessante Kombination von einer (nicht ganz jugendfreien) Begegnung und ihren Gedanke zur Vorfreude im allgemeinen.
31.01.2023: Katie McLane erschienen! Sie schreibt über die Vorfreude ihres Autorenlebens im allgemeinen und beim Schreiben einer Liebesszene im Besonderen.
02.02.2023: Less Dressed Stories erschienen! Die Protagonistin von Cate macht ihrem „Herren“ ein Geschenk – sich selbst. Die Vorfreude auf auf dem Weg zu ihm ist groß. Doch auch die Zweifel, wie gut ihre Idee wirklich ist.
04.02.2023: Kari Karaiti Club erschienen! Kari Karaiti lässt eine KI Software über „Vorfreude“ nachdenken und lässt sie einen Beitrag schreiben. Das ist interessant, sind diese textgenerierende Sprachsoftware-Tools / Sprachbots gerade Gespräch in der Bücherbubble und weit darüber hinaus.
07.02.2023: Ines Witka erschienen! Wie nutze ich Vorfreude um Spannung zu erzeugen? Das ist mein Thema. Natürlich mit Beispielen aus meinen und anderen Texten.
09.02.2023: Kitty Harper erschienen! Sie hat ihre Überlegungen zur Vorfreude mit Zitate aus ihrem Buch „The Fake Wedding Deal“ versüßt.
11.02.2023: Linda Mignani erschienen. Sie zeigt uns in einem Textausschnitt aus „Feuerperlen“ wie Sean mit der Vorfreude von Hazel spielt, sie herausfordert und mit einer Überraschung belohnt.
14.02.2023: Eisbär BDSM