Eine [Bundes-]Gartenschau sei keine Blümchenshow! schreibt der bdla (Bund Deutscher Landschaftsarchitekten). Sie sei ein Ausblick auf die zukünftige Entwicklung unserer natürlichen, gebauten und gestalteten Umwelt. Und die Landschaftsarchitektur? Sie gestalte in unglaublich vielfältigen Facetten lebenswerte und zukunftsfähige Freiräume und Orte.
Um sich dazu zu positionieren veranstaltete der bdla eine spannende Veranstaltungsreihe „Heute im Facetten-Reich“ Talkrunden im Schaugarten „Heilbronn 2.0 – Eine facettenreiche Gesellschaft“
In der Einladung stand: „Wir wagen mit unseren Gästen einen Blick in die vielfältige Wahrnehmung von freien Räumen und die sinnliche Wirkung von Farbe, Formen, Kunst und Erotik im Garten.“
Mit dabei waren Kamel Louafi, Freier Landschaftsarchitekt, Artist, Berlin, Prof. Rainer Sachse, Freier Landschaftsarchitekt bdla, scape Landschaftsarchitektur GmbH, Düsseldorf, Marion Gawlitza von architare Einrichtungen und ich als Autorin, die über Erotik und Sexualität schreibt. Historiker Dr. Wolfgang Niess moderierte die Runde.
In Literatur und Kunst ist der Garten der Schoß der Frau
Jeder Gast stellte sich mit einem Impulsvortrag vor. Vor mir sprach Kamel Louafi und lieferte mit einem arabischen Sprichwort – betrete nur einen Garten, den du liebst – einen wunderbaren Übergang zu meinem Thema. Denn dieser Satz erhält eine weitere Bedeutung, wenn man weiß, dass in der Literatur und in der Kunst der Garten der allegorischen Verbildlichung für den Schoß der Frau dient, der verschlossen ist oder Früchte trägt, bzw in dem sich süße Früchte ernten lassen. Der Garten, der Brunnen und die Süße symbolisieren traditionell die Sexualität der Frau.
Danach sprach ich über die Aufgabe und Ausstattung der Gärten in ihrer Verschränkung von Erotik und Gartenlandschaft und über die Statuen, mit denen die Gärten möbliert waren, oft mit den Götter der Gärten. Doch diese waren auch die Götter der Liebe, verweist doch der Garten mit seinen generativen Kräften immer auf den Kreislauf des Lebens der ohne Sexualität nicht stattfinden würde. Und so wurden die Liebesgötter der erotischen Liebe oder der sexuellen Begierde. die Lieblingsgötter der Gartengestalter: Venus, Amor, Flora, Adonis, Pan und Priapus.
Garten Eden
Spricht man von Gärten, denkt man bei uns an den Garten Eden oder an das Paradies (paradeisos bedeutet „Garten“). Dabei hat man vergessen, dass die Vorstellung des Gartens Eden bzw des Paradieses aus dem Alten Orient stammt. Die persischen Gärten waren groß und prachtvoll und Gärten des Genusses. Bereits in der persischen Dichtkunst galt der Garten als Sinnbild für der Liebe und der damit verbundenen Sinnenfreuden. Entsprechend wurde der real existierende Garten gestaltet. Nur ist uns heute nicht mehr bewusst, dass ein prachtvoller Garten und Sexualität seit frühesten Paradiesvorstellungen eng miteinander verbunden sind. Doch ich kann versichern, dass der Garten schon immer ein Symbol für erotisches Glück war. So steht es in der Literatur. Und so ist er auch in der Realität über viele Jahrhunderte hinweg gestaltet worden. Da kann man bis in die Frühgeschichte der Menschheit zurückgehen, sich die Gärten der Griechen und Römer anschauen, die der Renaissance und des Rokos, im Wörlitzer Park oder dem Garten von Niki de Saint Phalle, eröffnet im Jahr 2002, spazieren gehen. Überall sind sexuelle Mythen und Verweise zu entdecken. Grotten, Tempel, Götter und Göttinnen, erotische Liebeslandschaften und Bepflanzungen.
Mein Beitrag war ein kurzer kulturhistorischer Abriss darüber wie die Zeichen zu lesen sind. Auch hatte ich einige schöne Objekte von FRAU BLUM dabei. Das Obst verweist auf die Fülle, die uns der Garten schenkt und gleichzeitig sind es Sextoys.
Wer die Gärten unter diesen Vorzeichen zu deuten lernt, wird sie künftig mit ganz neuem, wissendem Blick durchstreifen!
Das HarlekinTheater Theatersport unterhielt uns anschließend wunderbar mit Sätzen aus den Vorträgen, die sie in ihr Improtheater eingebaut hatten. Da bekamen Sätze wie „Seid fruchtbar und mehrt euch“ oder „der Garten ist eine Kathedrale“ eine ganz neue Bedeutung.