Zu meinem Vortrag „Am Anfang war sie heilig“ bei Frau BLUM kamen viele nette und interessierte Gäste. Die Stimmung war ausgezeichnet. An der kleinen Bar gab es u.a. einen Kessler Rosé Sekt – perlend kühl und frisch auf der Zunge – schön war es.
Bitte beachten, die internationalen Muschis von Justyna Koeke im Hintergrund. Vielfalt ist schön.
Sexualität nicht nur privat, sondern auch politisch
Ich werde immer wieder gefragt, wieso ich mich so intensiv mit Sexualität beschäftige. Die Frauenbewegung der 1970er Jahren hat mein Bewusstsein dafür geschult, dass Sexualität nicht nur privat, sondern auch politisch ist und davon bin ich nach wie vor überzeugt
Das Thema Erotik kommt nicht nur in meinen Büchern vor, sondern auch in meinen Vorträgen. Ja, es ist eines meiner Kernthemen, mit denen ich mich schon seit vielen Jahren beschäftige.
Ich bin überzeugt davon, dass man daran, wie eine Gesellschaft mit Erotik, Körper, Nacktheit und da speziell auch mit dem Blick auf das Geschlecht umgeht, etwas darüber aussagt, wie sie den Menschen im gesamten schätzt.
Wie verächtlich, geringschätzig oder respektvoll eine Gesellschaft auf das Geschlecht schaut, steht doch stellvertretend dafür, wie auf den Menschen geblickt wird.
Nun richte ich meinen Blick auf die Vulva. Auf ihre Darstellung und was dies mit der Bedeutung der Frau in der Gesellschaft zu tun hat. Seit Jahrhunderten beschäftigen bildende Künstler, Musiker und Schriftsteller vor allem zwei Themen: Religion und Erotik, oder anders gesagt: Spiritualität und Sexualität.
Die Lust, der Eros, das Liebesbegehren, gleichgültig wie diese Kraft benannt wird, ist tief in der menschlichen Natur verwurzelt, der Eros durchzieht die gesamte Kunst- und Kulturgeschichte.
Erotische und pornografische Sujets haben eine lange Tradition
Erotische und pornografische Sujets haben eine lange Tradition und bieten damit genügend Material, um sich den Blick auf den weiblichen Körper einmal genauer anzusehen. Betrachtet man den Blick auf die Darstellung des weiblichen Geschlechts in der Kunst- und Kulturgeschichte in einem großen Bogen, erblickt man Zusammenhänge, die man nicht vermutet hätte.
So eröffne ich meinen Vortrag „Am Anfang war sie heilig.“ Und dann spreche ich fast zwei Stunden über die Vulva, wie sie in der Kunstgeschichte auftaucht und wieder verschwindet und wieder auftaucht.
Im 21. Jahrhundert ist sie sehr präsent. Ein Hype zwischen ernsthafter Auseinandersetzung und Freude, zwischen Voyeurismus und Offenheit. Es gibt VulvaArt, Vulva-Anstecker, Vulva-Bücher, Vulvas in jeder Ausprägung.
Als Kanu bei der Japanerin Megumi Igarashi (Bild via https://3druck.com ).
Als „Great Wall of Vaginas“ bei Jamie McCartney (http://www.greatwallofvagina.co.uk ).
Als Zeichnungen in der „The Vulva Gallery“ von Hilde Atalanta (http://www.hildeatalanta.com ).
In Rot wie bei Petra Mattheis (Bild über https://petramattheis.de)
Um nur vier sehr unterschiedliche Beispiele zu nennen.
Für meinen Vortrag habe ich viel gelesen, geschaut, gestaunt, gelacht: Unter anderen den informativen und amüsanten Comic der Schwedin Liv Strömquist zur Kulturgeschichte des weiblichen Geschlechtsorgans, der Vulva.
Sie wiederum referenziert mit ihrem Cover auf VALIE EXPORT mit ihrem Poster zu ihrer Aktion „Genitalpanik.“ (Poster über http://pomeranz-collection.com)
Hier der Vergleich Cover und Poster.
Vermutlich nimmt auch der Titel des Comics „Der Ursprung der Welt“ Bezug auf eines der skandalträchtigsten Bilder der Kunstgeschichte, das von Gustave Courbet 1866 gemalte Bild „Ursprung der Welt“
Der Ursprung der Welt
Die von Courbet gemalte Vulva zeigt realistisch, was seit vielen Jahrhunderte als nicht mehr darstellbar gilt. Sie unterlag einer visuellen Tabuisierung. Aus einem Ort der Fülle, der Schöpfung und ist sie zu einem Loch, zu einem “Nichts-zu-Sehens”, degradiert worden. Die Darstellung weit geöffneter Frauenschenkel, die den Ursprung der Welt bloßlegen empörte die Menschen. Das Bild verschwand für lange Jahre aus der Öffentlichkeit. Doch seine Kraft war nicht mehr einzufangen, es beeinflusst bis heute die Kunstgeschichte, indem es zu immer weiteren Werke inspiriert.
Bild: Public domain, via Wikimedia Commons
Künstlerinnen schaffen nun eigene Bilder für die weibliche Sexualität
Gegen Ende des 19. Jhdts. beginnt eine Zeit massiver Fortschritte in der Bildung und der sozialen Befreiung der Frau. Die Akademien in Deutschland öffneten sich nach und nach den Frauen. Schriftstellerinnen und Künstlerinnen versuchen nun eigene Bilder für die weibliche Sexualität zu finden. Sie wehren sich gegen die Ansicht von Freud und seinen Zeitgenossen, dass die Frau minderwertig sei und das minderwertige Geschlecht besäße.
Die Künstlerinnen wie auch die Frauen der Frauenbewegung wollen endlich mit der Enteignung des weiblichen Körpers durch den Mann Schluss machen. Eine Auseinandersetzung, die bis in unser 21. Jahrhundert reicht.
Wer mehr lesen möchte, dem empfehle ich noch:
Mithu M. Sanyal, Vulva – Die Enthüllung des unsichtbaren Geschlechts (Sachbuch. 2009)
Naomi Wolf, Vagina: Eine Geschichte der Weiblichkeit (Sachbuch, 2013)
Sandra Konrad, Das beherrschte Geschlecht (Sachbuch, 2018)
Und zur besten Unterhaltung dieses gute Laune Video You Gotta Believe