Aus »Mut« wird »Rausch«! Das Liliths Secrets Theatre mit seinen raffiniert-erotischen Inszenierungen hat das Leben von Viktoria radikal verändert. Die schöne Gil und der charismatische Ralf, die das Theater leiten, teilen Viktorias Leidenschaft für Macht und Unterwerfung. Gemeinsam mit Gleichgesinnten erlebt das Trio alle Spielarten der Erotik.

Als Gil für ihr neues Kunstprojekt Roter Mond Salon die weibliche Lust erforscht, wird Viktoria klar, dass Sexualität oft gesellschaftliche Realitäten widerspiegelt und nichts mit ihren eigenen Begehrlichkeiten zu tun hat. Doch reichen Erkenntnis und Wille allein, um die Regeln zu ändern? Die Angst, nicht geliebt zu werden oder nicht dazuzugehören, sitzt bei Viktoria tief. Immer öfter erinnert sie sich an die zielstrebige, talentierte Frau, die sie vor ihrer demütigenden Ehe war. Und ergreift schließlich ihre Chance …

»Rausch« ist nach dem Roman »Mut« der 2. Band aus der Trilogie »Theater der Lust«.

Ines Witka
Theater der Lust - Rausch
Band 2
Umfang: 224 Seiten, Paperback
ISBN: 978-3-948161-00-2
VK: 12,99 €
Gatzanis Verlag, Stuttgart 2019
www.gatzanis.de

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Coverfoto: © Vince Voltage

Der Roman „Theater der Lust“ erscheint als Trilogie. Gemeinsam mit Gleichgesinnten erforscht Viktoria auch im zweiten Band „Rausch“ alle Spielarten der Lust. In genussvollen Unterwerfungs-Szenarien verwirklicht sie erotische Fantasien und kommt dabei ihren geheimen Sehnsüchten auf die Spur.

»Das Buch unterstreicht, wie wichtig Vertrauen ist. Wie spannend, auch mal das Dunkle am eigenen Wegesrand zu beleuchten und sich von der unbändigen Vielfalt der Lust entzücken zu lassen. Oder aber auch sich dem wonnig-schmerzlichen Rausch hinzugeben.«
Beatrice Adore, Autorin u. a. bei www.erosa.de, dem Portal für die schönsten Seiten der Erotik.

Textprobe aus "Theater der Lust – Rausch" von Ines Witka

Es ist Sommer. Es ist heiß. Es ist später Nachmittag. Ich schlendere durch den Stadtpark, Gil, die beste Freundin, die ich je hatte, an meiner Seite. Ihr einziges Zugeständnis an die Hitze sind die bis zu den Ellbogen hochgekrempelten Blusenärmel, sodass die Tätowierung Forget the rules auf der Unterseite ihres Unterarmes zu lesen ist. Menschen starren sie an. Sie fällt auf, immer, nicht nur hier im Park. Das liegt nicht an dem von ihr bevorzugten eigenwilligen, an die 60er Jahre angelehnten femininen Kleidungsstil, der heute aus einem weit ausgestellten, taillenbetonenden Rock, hautfarbenen Netzstrümpfen, Peeptoes und der weißen Bluse besteht. Das liegt nicht am akkurat geschnittenen Pony oder den mit dunklen Farben umrandeten Augen. Bemerkenswerter als ihr Äußeres ist ihre Ausstrahlung. Ein kühles Selbstbewusstsein, das sagt: »Ich setze mich durch. Niemals füge ich mich irgendwelchen Erwartungen.« Darin unterscheidet sie sich von anderen Frauen. Darin unterscheidet sie sich von mir.
Ich hingegen in einem hellblau-weiß gestreiften Baumwollsommerkleid falle nicht auf, und niemand wird vermuten, dass ich dabei bin, mein Leben auf den Kopf zu stellen. Ein paar Kinder spielen an einem Wasserbecken und eine Mutter ruft: »Vorsicht!«
Vorsicht!, das ist der Ruf aller Ängstlichen. Für mich hat er ausgedient. Das klingt vielleicht übertrieben. Doch ich hatte mich die letzten Monate auf einige Situationen eingelassen, die viel Mut erforderten. Dazu zähle ich auch die Treffen mit François Jugnot. Ich weiß wenig über ihn und habe mir vorgenommen, Gil über ihn auszufragen. Sie scheint ihn gut zu kennen, denn als er bei der Premiere des Stückes Abendessen mit berühmten Fotografen im Liliths Secret Theatre aufgetaucht war, hatte sie sich sehr vertraut mit ihm unterhalten.
Kaum haben wir im Schatten der Kastanien am letzten freien Tisch des Cafés Platz genommen, frage ich schon: »Hast du die Sache mit François eingefädelt?«
Der kirschrot geschminkte Mund in ihrem ovalen Gesicht lächelt. »Ich kenne François schon lange. Er hat mich nach einer geeigneten Gespielin gefragt, und du bist meine Empfehlung gewesen.« Sie wiegt den Kopf, schnalzt mit der Zunge. »Nachdem er die Fotos von dir als schwebenden Engel gesehen hat, war er sofort begeistert. Was allerdings dann passiert ist, war allein sein Spiel.«
Gil holt ein silbernes Etui und ein Feuerzeug aus der Tasche, entnimmt eine Zigarette und steckt sie an. Während sie genüsslich den Rauch inhaliert, fahre ich mit dem Daumen die Muster auf der Tischoberfläche nach, die sich durch Zigarettenbrandflecken und diverse Macken gebildet haben. Die Erwähnung der Fotos steigert die Hitze um weitere fünf Grad. Sie wurden im Dark Light aufgenommen. Einem erstaunlichen Ort, dessen Ambiente die Fantasie anregt, der jede Freiheit zur sexuellen Entfaltung bietet. Dort war ich von Ralf in die Club-Szene eingeführt worden. Eine abgefahrene Sache. Ohne zu wissen, was geschehen würde, hatte ich die Einwilligung zu einer erotischen Inszenierung gegeben.

[...]

Erst war ich aufgeregt und erregt gewesen, dann bestürzt und von Angst überwältigt. Doch zu meiner großen Verblüffung verwandelte sich die Angst in Lust. Da meine Augen während der ganzen Zeit verbunden gewesen waren, bekam ich erst später einen Eindruck von der Performance, als Gil mir die Aufnahmen zeigte, die sie während der Vorführung fotografiert hatte: In eng geschnürter Korsage, die Arme über dem Kopf, mit zusammengebundenen Handgelenken stand ich vor einem großen schwarzen Federflügel. Auf den Fotos und für die Zuschauer wirkte es, als würde ich schweben. Dabei stand ich auf einem schwarzen Sockel, der lichttechnisch ausgeblendet wurde. Das scharfe Messer hingegen, mit dem Ralf meine Haut ritzte, stach silbern hervor. Er setzte die Schnitte so, dass sie ein filigranes Muster bildeten, das einem Spinnennetz glich. Beim Cutting wird niemand ernsthaft verletzt, denn die Haut wird nur oberflächlich geritzt. Das wusste ich jedoch nicht, und während der Inszenierung, hielt ich die warme Flüssigkeit, die über meine Haut floss, für Blut. Dabei stammte sie aus einem in der Faust verdeckt mitgeführten Spritzbeutel, der mit Theaterblut gefüllt war. Die Fotos zeigen mir meine innere Verletzlichkeit in den äußeren Verletzungen, deren optische Wirkung durch die scheinbare Verwundung entstanden ist. Wie wirken diese Aufnahmen wohl auf andere? Wie wirken sie auf François?
Ja, sie sind erotisch, trotz der Grausamkeit. Diese Doppelebene hat Gil gut eingefangen, und nur sie weiß, dass ein Messer in einer meiner Fantasien eine große Rolle spielt. Sie hat mir geholfen, mich selbst zu lesen, und deswegen habe ich auch den Dark Light Club erforscht: eine Hochburg des Hedonismus und ein exklusiver Tummelplatz für Lust-im-Schmerz-Suchende. So beobachtete ich, wie eine Domina einen Pranger für eine Erziehungsmaßnahme eines Mannes einsetzte, erfuhr die Bedeutung eines Andreaskreuzes und fand es ziemlich verrückt, dass man für einen Bereich des Clubs einen Stall nachgebaut hatte, inklusive eingespielter Geräuschkulisse. Alles diente dem erotischen Spiel und wurde von den Besuchern reichlich genutzt. Die Souveränität, mit der sie in der Lage waren, sich hinzugeben, selbst wenn andere sich auf Sesseln niederließen, um zuzuschauen, versetzte mich in Staunen. Darauf folgten Stunden voller sinnlicher Leidenschaft mit Ralf, die ich in köstlichem Rausch verbrachte.
Überhaupt hat mein Leben seit der ersten Begegnung mit Ralf, dem Szenografen und Inhaber der Agentur vibrant nerves, und seit der Freundschaft mit Gil, der Künstlerin, eine erstaunliche Dynamik erfahren. In welchem Verhältnis stehen wir drei eigentlich zueinander? Vermutlich in einer Art Ménage-à-trois, denn Gil und Ralf sind ebenfalls miteinander verbunden. Sie gründeten das Liliths Secret Theatre und teilen sich die Intendanz. Und wie passt François dazu? Die Erinnerung an seine Inszenierung im geheimen Gewölbe in seinem Haus lässt meine Schläfen pochen. Und nicht nur die.